Die starken Regenfälle Mitte Juli haben Teile Deutschlands schwer getroffen und ganze Regionen regelrecht verwüstet. Unvorstellbare Wassermassen haben in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 vor allem Gebiete in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz überschwemmt - darunter das Ahrtal in der Eifel. Die Folgen: 133 Tote, 766 Verletzte und Schäden in Milliardenhöhe.
Die Landesregierung in Rheinland-Pfalz hat zur Katastrophenbewältigung auch Hilfskräfte aus anderen Bundesländern angefordert. Über die Regierung von Oberbayern erging am 03.08.2021 das offizielle Hilfsersuchen an den Landkreis Dachau, ob dieser das „Ölwehrkontingent-Bayern“ mit Mannschaft und Gerät unterstützen und bereits im Einsatz befindliche Kräfte ablösen kann.
Die Kreisbrandinspektion Dachau hat danach sofort die Planungsarbeit aufgenommen und sich mit den Kommandanten des bereits vorgeplanten „Kontingents Ölwehr“ in Verbindung gesetzt. In kürzester Zeit haben sich ausreichend Feuerwehrkameradinnen und –kameraden gefunden, um einen mehrtägigen Einsatz in drei Abmärschen durchführen zu können.
Am Donnerstag, den 05.08.2021, konnten pünktlich um 6.00 Uhr die ersten 20 Einsatzkräfte von Dachau aus zum Nürburgring aufbrechen, wo die Unterbringung der bayerischen Hilfskräfte erfolgte. Unterstützt wurde das Dachauer Kontingent durch einen Kipper mit Tieflader samt Rad- und Teleskoplader der Firma Schweiger Straßenbau, die bei den zu bewältigenden Aufgaben eine wertvolle Hilfe leisten sollten.
Nach dem Bezug des Quartiers am Nürburgring und der Lageübergabe mit den Kräften aus dem Landkreis München, welche durch das Kontingent aus Dachau abgelöst wurden, begannen am Morgen des 06.08.2021 die Arbeiten in der Ortschaft Liers.
Die Dachauer Kräfte arbeiteten im "Ölwehr-Kontingent Bayern" mit weiteren Einheiten aus Ober- und Niederbayern zusammen und waren für die Logistik sowie das Verfahren der mit Öl-Wasser-Gemisch gefüllten IBC-Container zuständig. Ein weiterer Teil des bayerischen Ölwehrkontingents, zusammengesetzt aus fränkischen Feuerwehren, war in separaten Einsatzabschnitten parallel tätig. In einer Separationsanlage des THW Cuxhaven in Sinzig wurde das Öl-Wasser-Gemisch aufbereitet und wieder voneinander getrennt.
Auch sonst packten die bis zu 100 Ölwehr-Kräfte aus Bayern an wo es nur ging – sei es beim Ausräumen von Gebäuden oder der Versorgung mit Brauchwasser für die Bevölkerung.
Am Abend des ersten Arbeitstages zogen die oder- und niederbayerischen Kräfte dann weiter in die Ortschaft Kirchsahr, dort setzten sie die Arbeit auch am Samstag (07.08.2021) fort.
Nachdem der Einsatzauftrag in Kirchsahr beendet war, wurde das Kontingent mit Kameraden aus Ober- und Niederbayern nach Bad Neuenahr-Ahrweiler verlegt, um dort mit der Ölbeseitigung aus Gebäuden zu beginnen. Auch hier waren die Dachauer Kräfte wieder für Logistik und Transport von IBC-Container zuständig.

Nach drei intensiven Tagen im Schadensgebiet stand am 08.08.2021 der erste Austausch der Mannschaft an, 20 frische Kräfte aus den Feuerwehren des Landkreises Dachau haben sich am Sonntag mit Mannschaftstransportern auf den Weg nach Rheinland-Pfalz gemacht.
Mit der Kräfteablösung wurde am Sonntag auch die Unterkunft vom Nürburgring nach Grafschaft verlegt, dadurch hatten die Dachauer Kräfte eine deutlich kürzere Distanz zum aktuellen Einsatzort in Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Wegen der anstrengenden und belastenden Arbeiten im Ahrtal wurde am 12.08.2021 ein erneuter Personalaustausch notwendig. Mit einem Reisebus wurden 20 frische Kräfte nach Rheinland-Pfalz chauffiert und die bisherigen Helfer:innen sicher nach Hause gebracht.
Am 15.08.2021 endete nach 10 Tagen und über 1.000 mit Öl-Wasser-Gemisch transportierten IBC-Containern der Einsatz des Dachauer Hilfeleistungskontingents in Rheinland-Pfalz. Nach dem überörtlichen Ölwehreinsatz beim Elbe-Hochwasser 2002 war es für Feuerwehren aus dem Landkreis Dachau erst der zweite seiner Art außerhalb des Bundeslands Bayern. Rechnet man die 23.164 zurückgelegten Kilometer sowie die 4.940 geleisteten Helferstunden, stellt dieser Einsatz einen neuen Rekord dar, ebenso wie die Unwetterereignisse die diesen Einsatz erst erforderlich gemacht haben.
Die Größe des Schadensausmaßes war für die Einsatzkräfte sehr bedrückend und konnte an den wenigen Tagen nur ansatzweise erfasst werden. Angesichts der massiven Schäden an Gebäuden sowie der Infrastruktur durch zerstörte Straßen, Brücken, Bahnstrecken und Versorgungsleitungen, stellte die Beseitigung des Heizöls aus den Gebäuden nur einen Teil von vielen vor Ort laufenden Aufräumarbeiten dar. Für die Bewohner wurde damit aber die Grundlage für weitere Sanierungsmaßnahmen in den eigenen Gebäuden geschaffen.
Die bayerischen Feuerwehren wurden deshalb auch allerorts von der Bevölkerung mit großer Herzlichkeit begrüßt. Obwohl die Verpflegung der Einsatzkräfte überall gesichert war, ließen es sich die Menschen vor Ort nicht nehmen, Kaffee, Kuchen und Getränke anzubieten. Menschen, die zu der Zeit schon seit mehr als zwei Wochen ihr Wasser aus bereitgestellten Containern holen mussten und statt der sanitären Anlagen im eigenen Haus auf Behelfsanlagen mit Duschen und Toiletten angewiesen waren.
Das Bild, welches sich unseren Kräften auch über zwei Wochen nach den Hochwasserfluten bot, zeigt eindrucksvoll welche Naturgewalten hier gewütet haben. Den beteiligten Helfer:innen bleiben Eindrücke im Kopf, die sich mit Worten nur schwer beschreiben lassen.
„Aufgrund der vollständig zerstörten Infrastruktur wurde uns die Verletzlichkeit der Bevölkerung vor Augen geführt.“ so Kreisbrandmeister Daniel Lenz nach den erlebten Eindrücken. Viele Häuser der Menschen vor Ort sind aufgrund der Zerstörungskraft des Wassers auch noch Wochen nach dem Hochwasserereignis ohne jegliche Grundversorgung mit Strom, Wasser und Wärme. Die Bewohner sind daher noch immer auf fremde Hilfe angewiesen.
Bemerkenswert und erwähnenswert waren auch die zahlreichen Spontanhelfer und Firmen, die sich aus weit entfernten Regionen in das Ahrtal zur Unterstützung aufgemacht haben. „Wir durften ein paar wenige von diesen hilfsbereiten Menschen, die teilweise ihre Urlaubstage opfern oder ihre Aufträge in der Heimat zurückstellen, vor Ort kennenlernen. Auch konnten wir oft bei der Besorgung von Werkzeug und Ausrüstung unterstützen oder zumindest vermitteln. Die wahrgenommene Solidarität aller Helfer und Organisationen, die wir im Ahrtal antrafen, beruhte immer auf Gegenseitigkeit und hatte immer zum Ziel den Betroffenen gemeinsam helfen zu können.“ so Lenz weiter.
Was die Dachauer Helfer jedoch positiv stimmte ist die Zuversicht, mit welcher die Bewohner von Bad Neuenahr- Ahrweiler bereits begonnen habe ihr Häuser und Grundstücke wieder bewohnbar herzurichten. Viele der Einsatzkräfte werden sich immer an die Schilderungen und Erlebniserzählungen der betroffenen Mitbürger aus der Flutnacht erinnern.
„Am Ende unseres Einsatzes sind wir mit dem guten Gefühl nach Haus gefahren, einen kleinen aber wichtigen Beitrag zur Schadensbegrenzung geleistet zu haben, aber auch dankbar, wieder in die gewohnte Welt zurückkehren zu können.“ so Kreisbrandinspektor Georg Reischl, der das Dachauer Kontingent im 1. Abmarsch geführt hat. „Auch in einem wohlhabenden Land wie Deutschland dürfen wir unsere üblichen Lebensumstände nicht als selbstverständlich ansehen.“
Einen besonderen Dank spricht Kreisbrandrat Franz Bründler alle beteiligten Helfern sowie der Firma Schweiger Straßenbau aus, die unbürokratisch und unentgeltlich schweres Gerät für den gesamten Hilfseinsatz zur Verfügung gestellt hat.
Veröffentlicht am: 16:01:00 15.08.2021 Teilen